Bettgeflüster

Liebe Freundin,

heute wende ich mich in einer etwas delikaten Angelegenheit an Dich. Sie betrifft meinen Mann und mich im Bett. Seit so vielen Jahren, ach Jahrzehnten schon, ein und dieselbe Leier. Es klappt einfach nicht. Das Problem ist wohl die Länge und nach einer weiteren eher schlaflosen Nacht mit vergeblichen Eroberungsversuchen meinerseits, ziehe ich jetzt wohl die Konsequenzen und endlich einen Schlussstrich unter dieses aussichtslose Unterfangen. Noch heute gehe ich einkaufen und zwar eine eigene Bettdecke nur für mich ganz allein.

Seit Anbeginn unserer Beziehung besteht mein Mann auf einer großen gemeinsamen Bettdecke, ist doch so auch viel gemütlicher, gell? Ne, nix gemütlich, sag ich Dir. Die Sache ist nämlich die, mein Mann hält in punkto Bettdecke nichts von Gütertrennung und besteht auf eine Gütergemeinschaft. Nur leider kennt er da die Rechtslage nicht genau, oder er legt sie sich aus, wie er es braucht. Rein rechtlich stehen mir 50% bzw. eine Hälfte des gemeinsamen Bettdeckenvermögens zu, was „Mann“ jedoch zu ignorieren pflegt. Meine diversen Versuche, nach Unabhängigkeit zu streben, vereitelte er bisher mit den Worten: „Getrennte Bettdecken sind der Anfang vom Ende, als nächstes folgen dann getrennte Schlafzimmer“. Das möchte ich natürlich nicht. Womit wir dann schon wieder bei der ewig selben Leier im Bett wären. Unser Einschlafritual sieht wie folgt aus, jeder erfreut sich an 1,20 m Bettdeckenbreite, ich umklammere direkt beim Einschlafen instinktiv ganz fest mein Zipfelchen Decke. Kurz darauf beginnt mein Mann mit seinen Eroberungsfeldzügen quer durchs eheliche Bett. Meter um Meter erobert er mehr fremdes Territorium und mir bleibt nichts anderes übrig, als näher ran zu rücken, bis ich mit meinem Decken-Zipfelchen an ihm klebe. Vielleicht ist dies auch nur seine Kuscheltaktik. Manchmal wacht er dann auf und freut sich, weil ich seine Nähe gesucht habe „He, Schatz!“ Das ist für mich dann die Gelegenheit „Du, wo Du grad wach bist, könnt ich nochmal was von meiner Decke ab haben?“. Ich reiß dann möglichst viel Bettdecke an mich und verdrück mich schnell wie der Blitz mit meiner Beute in die andere Ecke vom Bett. So ähnlich macht das Pluto, mein Hund ja auch. Wenn er ein Leckerli, oder eine Socke erobert hat, kratzt er schnell die Kurve, damit es ihm keiner klaut. Mein Mann behauptet dann morgens frech, ich hätte ihm vergangene Nacht ja mal wieder die ganze Bettdecke geklaut und er konnte danach nicht mehr schlafen.

Einzig der Sommer bringt Linderung. Wenn es nachts noch sehr warm ist, herrscht bei uns im Bett Eiszeit. Mein Mann benötigt dann überhaupt keine Decke und ich versinke in einem Meer aus Daunen. Der Sommer ist also die Zeit im Jahr, in der ich meinen Winterschlaf halte. Wenn im Herbst dann das Bettdeckengezerre wieder losgeht, bin ich zumindest ausgeruht. Aber wo ich nun des Nachts hier sitze, weil an Schlaf nicht zu denken ist, da söhnt mich dieser Gedanke nach Sommer nicht aus. „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“ ist ja ein herrlicher Ohrwurm von Rudi Carrell, nur der wärmt mich nicht in der Nacht.

So, meine Liebe. Was rätst Du mir, was soll ich Deiner Meinung nach tun? Besser ein Bettdecken-Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Bettdecken-Ende?

Schlaflos aber leider nicht in Seattle,

Deine Tanya

Eine schlaflose Nacht später…

Liebe Freundin,

vielleicht sind getrennte Schlafzimmer gar nicht so verkehrt. Zumindest meine Bettdecke dürfte dort sicher sein, vor gemeinen Deckenklaufingern.

Ich habe das echt durchgezogen und mir eine eigene Bettdecke beschafft. Happy, hab ich mich in mein Deckchen gemümmelt, und es so genossen, mit niemandem teilen zu müssen. Friedlich schlummerte ich ein, und erwachte mitten in der Nacht mit meinem altbekannten Zipfelchen Decke. Mein Mann hatte einen neuen Feldzug begonnen und einfach meinen linken Deckenzipfel unter den Arm geklemmt und so Zentimeter um Zentimeter von meiner Decke eingenommen, bis ich wieder dort war, wo ich seiner Meinung nach hin gehöre, dicht an ihm klebend.

Ich fürchte, aus dieser Bettdeckengemeinschaft gibt es für mich kein Entrinnen. Und so bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mir die Frage zu stellen: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“

Deine sehr müde und frostbeulengeplagte

Tanya